Tränen

Es ist noch gar nicht so langer her, als ich mir fest vorgenommen hatte nicht mehr zu weinen. Dass das Leben zu schön ist zu weinen. Jetzt ist es Montag und ich sitze schon wieder mit nassen Wangen da. Der Mülleimer füllt sich mit Papiertaschentüchern und meine Augen hören nicht auf, weitere Tränen zu produzieren. Das Leben ist schön. Ja. Aber genau wenn man weiß, wie schön es sein kann ist es noch schlimmer in diesem tiefen schwarzen Loch zu sein.

Okay, von vorne:

Nach einem halben Jahr des Nichtstuns, Leben genießen und Reisen hat vor ca. drei Wochen mein Studium angefangen. Ich bin dafür umgezogen in eine größere Stadt. Eine ziemliche Großstadt für mich als Dorfkind.
Und ich fühle mich so überhaupt nicht wohl. In meinem Studiengang gibt es nette Menschen, die mir auch schon sehr ans Herz gewachsen sind und mit denen ich gerne die Freistunden verbringe und mich auch so treffe. Aber sie sind leider größtenteils Pendler, oder man hat halt eben schon den ganzen Uni-Tag miteinander verbracht (Ich muss dazu sagen, ich bin in einer FH und habe alles mit allen zusammen, also 115 Leute haben alle den gleichen Stundenplan, wie eine große Klasse). Dann verabrede ich mich auch noch öfter so mit Freunden, da ich nicht weit weg gezogen bin. Mittlerweile frage ich mich sowieso, wieso ich umgezogen bin. Irgendwie hatte ich das Bedürfnis mal alleine zu wohnen, fand den Gedanken einer WG toll und die Busverbindung zu meinem Dorf ist jetzt nicht soo überragen, vor allem nachts nicht mal vorhanden. Jetzt bin ich in zehn Minuten auf dem Campus, das ist natürlich sehr angenehm. Aber das in Kauf zu nehmen, dafür, dass ich jetzt so unglücklich bin? Jedes Mal wenn ich länger als eine Stunde in dieser Wohnung bin kriege ich einen Heulkrampf. Bisher habe ich jedes Wochenende entweder daheim oder bei meinem Freund verbracht, weil ich es hier nicht aushalte. Dazu kommt, dass mein WG-Leben sowas von gar nicht einem WG-Leben entspricht. Ich weiß nicht, woran das liegt. Wahrscheinlich bin ich auch mit Schuld.
Aber ist es denn WG-Leben, wenn jeder sein ganz eigenes Süppchen kocht? Wenn ich total lieb nachfragen muss, ob ich denn mal eine Salat-Schale von den anderen benutzen darf und jeder sein eigenes Besteck mitbringt, dass jetzt ganze drei Schubladen belagert?
Und wozu ziehe ich aus, wenn ich hier noch kritischer beäugt werde, wenn ich mal nicht sofort mein Geschirr spüle oder mal nicht pünktlich am Sonntag sauber mache, wenn es nicht dreckig aussieht.
Dazu kommt dass die Wohnung total alt ist und überhaupt nicht schön aussieht. Warum habe ich sie nur genommen? Ich bereue diese Entscheidung so sehr. Aber würde ich mich auch so gut mit meinen Eltern verstehen, wenn ich daheim wohnen geblieben wäre? Wahrscheinlich wäre ich total angenervt immer diesen langen Weg nach Hause zu haben. Aber ich hätte meine eigenen vier Wände um mich herum und Menschen, die mich lieben.
Hier fühle mich einsam. Total einsam. Dazu muss ich sagen, dass ich eine Fernbeziehung habe und nicht einfach zu meinem Freund fahren kann.
Ich weiß nicht, was ich noch schreiben soll, die Tränen haben immer noch nicht aufgehört zu kugeln. Es geht nicht anders.
Ich hätte am Freitag wirklich nicht gedacht, dass es nochmal zu so einem Absturz kommen könnte. Ich war so unglaublich glücklich. Das Leben war so schön. Aber der Gedanke daran, diese Sehnsucht, zurück in die Vergangenheit zu wollen, sie ist so groß.
Das macht das ganze nur noch viel schlimmer.

Ein Gedanke zu „Tränen

  1. Du hast es also getan und bist einen weiteren Schritt in deinem Leben gegangen. Aber du lässt dich recht schnell entmutigen :)
    Ich verstehe das, wenn man zwar nette Leute im Studium hat, diese aber nicht jeden Tag den ganzen Tag sehen will, und wenn man dann eigentlich Zeit für sich braucht, oder andere Leute sehen will. Deine Fernbeziehung ist natürlich echt ein Faktor, der noch mehr Unzufriedenheit schafft. Aber du musst das Gute an deiner Situation sehen: du bist eigenständig, organisierst dein Leben selbst. Vielleicht wäre eine andere WG gut für dich; eine, wo du nicht so strikt an Regeln gebunden bist. Man macht eben sauber, wenn man sieht, dass etwas nicht sauber ist, aber man kann sein Geschirr z.B. auch mal ein oder zwei Tage stehen lassen. So lange man es irgendwann sauber macht ;)
    Eine Idee wäre hier kleine Kisten, in die man sein dreckiges Geschirr stapelt. Dann kann jeder seines abwaschen, wenn er Lust hat oder die Kiste zu voll wird. Das hat in einer ehemaligen WG von mir auch geklappt. Achtet aber darauf, dass wichtige Gebrauchsgegenstände wie Pfannen und Töpfe, die alle gern nutzen, immer direkt sauber gemacht werden (dann geht der Dreck außerdem besser weg), weil sonst eventuell jemand im Zugzwang ist, das Geschirr eines anderen sauber zu machen (und das ist echt unangenehm, oder sollte es zumindest sein – es sei denn, man wechselt sich da ab).

    Du wolltest Unabhängigkeit. Jetzt hast du sie, aber die Einsamkeit kam mit ihr. Mit der Zeit wirst du Möglichkeiten finden sie zu füllen, aber du musst Geduld haben. Fülle deine Zeit mit Dingen, die dir Spaß machen, oder finde neue Dinge, die dir neue Perspektiven geben.
    Du wirst schon durchhalten. Irgendwie schafft man das jedenfalls immer. Also Kopf hoch.

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